Warum führt ein Chor eine Oper
auf?
Seit ihrer Gründung vor 14 Jahren haben sich die
vocal-concertisten bemüht, unübliche Wege in ihrer Programmauswahl
zu gehen. So wurden schwerpunktmäßig selten aufgeführte
Werke der Renaissance und des Barock nach historischen Spielpraktiken
und Werke des 20. Jahrhunderts aufgeführt. Neben diesen A-cappella-Programmen
und Werken mit Orchestern wurden Konzerte mit Lesungen zusammen mit
Walter Jens oder Thekla Carola Wied veranstaltet. So ist die Idee,
eine Oper zu inszenieren, lediglich ein neuer Schritt in diese Richtung.
Ursprünglich wollte der Chor ein Werk von Henry Purcell konzertant
aufführen. Die Wahl fiel auf King Arthur von Henry Purcell, denn
der Choranteil ist vergleichsweise hoch. Aber uns wurde schnell klar,
daß diese Musik ihren eigentlichen Zauber erst in der szenischen
Umsetzung erfährt. Zwei Probleme mußten also zunächst
geklärt werden: der erhebliche finanzielle Aufwand und die fehlende
Erfahrung im schauspielerischen Bereich.
·Die Konzeption dieser Inszenierung hält den finanziellen
Mitteln des Chores stand. Die Kirche als Bühnenraum gewählt,
bedurfte lediglich einer archaischen Vervollständigung durch
Podesterie und Stellwände. Der Chor wird in seiner üblichen
Konzertkleidung wie in einer Zeitreise in die Epoche von König
Arthur geschickt. Eine ausladende Ausstattung des Chores in zehn verschiedenen
Szenerien ist daher nicht notwendig.
·
In der Oper King Arthur ist der Chor ein zentraler Handlungsträger.
Darum wurde für dieses Jahr ein Probenplan erstellt, in dessen
Mittelpunkt die schauspielerische Arbeit unter Anleitung des Regisseurs
Lars Wernecke steht. Für einen Chor, der es gewöhnt ist,
nur konzertant aufzutreten, bedeutet das eine großartige Chance,
die Musik auch körperlich umzusetzen. Die Möglichkeit, gesungenen
Text auch szenisch zu erleben, ist für jeden Sänger, ob
Solist oder Chorist, eine sinnliche Erfahrungserweiterung.
Die vocal-concertisten sind in erster Linie ein Chor. Wir sind keine
neue Off-Theater-Gruppe in der Sparte Musiktheater in Berlin. Aber
zur Gattung der vokalen Musik gehört auch die Oper. Gerade vor
dem Hintergrund der Schließung der Opernarbeit René Jacobs'
an der Staatsoper besteht Handlungsbedarf. Unsere langjährige
Erfahrung gerade in der Auseinandersetzung mit barocker Chormusik
läßt uns hoffen, mit dieser Berliner Erstaufführung
einen kleinen Beitrag zur Belebung der barocken Oper zu leisten.
Kristian Commichau